50 Jahre Engagement für ein kinderfreundliches München

50 Jahre Kinderschutzbund München

Der Kinderschutzbund Ortsverband München wurde am 23. April 1974 gegründet. Es waren dreißig von 114 Mitgliedern anwesend. Als Vorsitzende wurde Frau Sigrid Meimberg gewählt. Zur Gründung beigetragen hatten Frau Hahn, Frau Hild, Frau Schneider, Herr Neubert und Herr Radde. Die 70er Jahre waren in der Folge der 68er Bewegung eine Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs. Frauen begannen, ihre Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen. Über die Versorgung der Familie hinaus weitete sich der Blick in das soziale Umfeld und berufliche Perspektiven. Vorausgegangen waren 1973 erste Aktionen einer Arbeitsgruppe von fünf Frauen, die die Gründung des Ortsverbandes auf den Weg gebracht hatten. Zur Mitgliederwerbung wurden professionelle Film- und Vortragsabende mit Erziehungsthemen veranstaltet. Auch wurden Spielenachmittage und Nachhilfe für Gastarbeiterkinder angeboten. Die Betreuerinnen des Projektes Wanderkinder unternahmen damals am Wochenende Ausflüge mit sozial benachteiligten Kindern.

Eine Frauengruppe hatte anfangs privat ein Sorgentelefon für Kinder und Eltern eingerichtet. Hier suchten überwiegend Kinder zwischen sieben und sechzehn Jahren und belastete Eltern telefonischen Rat. Daraus entwickelte sich der Arbeitskreis Familienhilfe, der besonders von Armut betroffene Eltern unterstützte. Häufig waren auch enge Wohnverhältnisse problematisch.  Hilfesuchende wurden zu Behörden begleitet und an entsprechende Institutionen, wie z.B. Erziehungsberatungsstellen, vermittelt.

Unter der Federführung von Karin Schneider, die als Gründungsmitglied des Vereins viel beigetragen hatte, organisierte sich eine weitere Initiative für den Besuchsdienst für Kinder im Krankenhaus. Hier galt es, einer Traumatisierung von Kindern vorzubeugen, denn damals waren diese Besuche auf den Kinderstationen so gut wie ausgeschlossen. Der Besuchsdienst erhielt dann 1976 einen Vertrag mit dem Betriebs- und Krankenhausreferat der Stadt München und konnte auf den Stationen der Kinderkrankenhäuser die ehrenamtliche Betreuung organisieren, aber vor allem auch längere Besuchszeiten für Eltern ermöglichen.  

Im Mai 1975 versammelte sich der Vorstand zum Gedenken an Sigrid Meimberg, die nach einer Operation traurigerweise mit 31 Jahren gestorben war. Heidrun Kaspar übernahm das Amt der Vorsitzenden von ihrer Vorgängerin. Zur Entlastung des Vorstandes wurden vier Beiräte gewählt. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit konnten gute Kontakte zur Presse, zu Behörden, sozialen Organisationen und zu Schulen aufgebaut werden. Film- und Vortragsabende leisteten Aufklärungsarbeit in Erziehungsfragen. Inzwischen hatte der Verband bereits 145 Mitglieder, und ein erster Informationsstand am Stachus trug dazu bei, weitere hundert Mitglieder zu gewinnen. Die zunächst kleine Gruppe mischte sich in das Stadtgeschehen ein. So sollten Kinderspielplätze vom Straßenverkehr abgeschirmt gebaut und besser gepflegt werden. Nicht das Kind sollte sich dem Verkehr, sondern der Verkehr sich dem Kind anpassen. Dies führte zu ersten Überlegungen zu Tempo 30 in der Umgebung von Grundschulen und in Wohngebieten.

Für den Vorstand zeigten sich bald die Grenzen der Möglichkeiten auf, Familien in schwierigen Situationen zur Seite zu stehen. Bei dem Thema Gewalt gegen Kinder waren die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen überfordert. Sie wurden mit Misshandlung und Vernachlässigung von Kindern konfrontiert. Hier war Beratung und Familientherapie notwendig, die nur von Fachkräften geleistet werden konnte.

Bereits 1977 begannen die Verhandlungen mit der Landeshauptstadt München, die eine „zentrale Meldestelle“ bei Gewalt in Familien einrichten wollte und deswegen an den Kinderschutzbund herangetreten war. Der Vorstand und hier maßgeblich Heidrun Kaspar konnte Herrn Oberbürgermeister Georg Kronawitter von der Notwendigkeit einer Kontakt- und Beratungsstelle für den gesamten Stadtbereich überzeugen, um der angenommenen hohen Dunkelziffer bei Kindesmisshandlungen entgegenzuwirken. Eine Förderung von 65.000 DM wurde zugesagt, und beim Aufbau wirkte ein beratendes Gremium des Stadtjugendamtes mit.

Frau Dr. Vera Sprau-Kuhlen vom Deutschen Jugendinstitut hatte ein Konzept zur Kinderschutzarbeit entwickelt, denn „Misshandlungen an Kindern soll schon im Vorfeld begegnet und die Erziehungsfähigkeit von betroffenen Familien verstärkt werden. In einem straffreien Milieu sollte familienbegleitende Beratung angeboten werden, um gemeinsam Erziehungsprobleme unter Einbeziehung des sozialen Hintergrundes lösen zu können“.

Die Kontakt- und Beratungsstelle konnte Anfang 1978 in der Pettenkoferstraße eröffnet werden. Wolf Sartorius, Soziologe, wurde mit der fachlichen Entwicklung und Leitung der Einrichtung beauftragt. Hanna Prausnitz wurde für die Telefonbereitschaft und den Aufbau der Verwaltung beschäftigt. Das Motto „Hilfe statt Strafe“ wurde in den Medien kommuniziert, und so wandten sich bereits im ersten Quartal 68 Hilfesuchende an die Einrichtung. In über 600 Telefonanrufen wurde über Gewalt in der Familie und entsprechende Beratungs- und Hilfeangebote informiert. In dem Arbeitskreis Familienhilfe waren 18 ehrenamtliche Kräfte professionell ausgebildet worden und wurden wöchentlich mit Supervision begleitet. Regelmäßige Familienbesuche wurden nur auf freiwilliger Basis durchgeführt, und alle Daten unterlagen der Anonymität. Noch im gleichen Jahr wurden fünf Arbeitsgruppen mit 32 Laienhelferinnen für die Familienbetreuung gebildet, nachdem sich der Bedarf an vielfältiger Unterstützung immer mehr gesteigert hatte.

Anlässlich des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1978 hält Astrid Lindgren eine Rede zur gewaltfreien Erziehung von Kindern, die weltweit verbreitet wurde. Dadurch wurde ein Umdenken in Deutschland überhaupt erst möglich und die Anliegen des KinderschutzBundes befördert.

Im Dezember 1978 konnten über zwei geförderte ABM-Stellen drei neue Mitarbeiterinnen für die Elternberatung eingestellt werden. Unter dem Motto „Auch wenn das Kind schon blau geschlagen ist“ wurde 1979 ein erster Erfahrungsbericht herausgegeben, an dem vor allem Fachkräfte aus dem Sozialreferat und andere freie Träger sehr interessiert waren.

Der etwas sperrige Name Kontakt- und Beratungsstelle für Kinderschutzarbeit wurde dann bereits Ende 1980 in KinderschutzZentrum umgewandelt und definierte damit den Schwerpunkt der Hilfeangebote für Eltern und Familien. Das KinderschutzZentrum wird zur anerkannten Erziehungsberatungsstelle mit dem Auftrag, Familien mit dem Problem der Kindesmisshandlung, aber auch mit anderen Schwierigkeiten zu unterstützen. Die Professionalisierung der Beratungstätigkeit wurde durch das Angebot der Familientherapie erweitert.   

Durch eine Zuschusskürzung bahnte sich 1982 eine Finanzierungskrise an und bedrohte die Arbeit des KinderschutzZentrums. Ein mit der Landeshauptstadt München erarbeitetes Finanzierungsmodell ermöglichte die Absicherung der Einrichtung, um die kostenlose Inanspruchnahme der Angebote weiterhin zu gewährleisten. Öffentlichkeitsarbeit und Hilfsaktionen von Künstlern und Spendern trugen dazu bei, den Verband aus der Talsohle zu retten.

In den folgenden Jahren der politischen Verbandsarbeit wurde beispielsweise die Abschaffung von Isolierzellen in jugendpsychiatrischen Einrichtungen gefordert. Der Besuchsdienst setzte sich ein für Rooming-in, einem gemeinsamen Aufenthalt von Mutter und Kind im Krankenhaus nach der Geburt oder bei Krankheit. Die Aktion „Kinderfreundliche Nachbarn“ wollte erreichen, dass Kinder und auch Kinderlärm nicht als störend empfunden werden. Der Arbeitskreis „Kind und Verkehr“ setzte sich für verkehrsberuhigte Zonen in München mit Tempo 30 ein.

Nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl 1986 beteiligte sich der Ortsverband an Aktionen gegen Atomkraft, und der Gesamtverband des Kinderschutzbundes fasste den Grundsatzbeschluss mit der Forderung, aus der Atomenergie auszusteigen. 

FamilienZentrum Laim
1986 nahm die Mütterinitiative Familientreff Laim Kontakt zum Vorstand des Kinderschutzbundes mit dem Anliegen auf, unter dem Dach des Verbandes ein FamilienZentrum einzurichten. Die Initiative mit sieben Frauen wurde in die Trägerschaft des DKSB übernommen, denn das vorgestellte Konzept passte zu den Aufgaben und Zielen des Kinderschutzbundes. Für das Projekt wurde 1988 eine Ladenfläche in der Fürstenriederstraße angemietet und nach langer Suche 2001 ein größeres Haus mit Garten in der Valpichlerstraße gefunden.

Das FamilienZentrum Laim ist eine Anlaufstelle für Familien im Stadtteil. Der Selbsthilfegedanke ist die Basis dieser Einrichtung, und die Angebote umfassen offene Eltern-Kind-Gruppen, Kinderbetreuung, Gesprächskreise, Information und Beratung sowie Kurse und Veranstaltungen zu Gesundheit, Erziehung und Familie. Die Mütter und Väter bringen ihre Vorstellungen und Wünsche ein und übernehmen selbst die Umsetzung. Flexibel auf den Bedarf der Familien vor Ort zu reagieren, ist das Ziel der Arbeit. So wurde das fehlende Angebot im Stadtteil für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren erweitert. Der Ausbau der Kinderbetreuung war dringend notwendig, um für die Mütter einen beruflichen Wiedereinstieg zu ermöglichen.

Der vom Bundesverband konzipierte und hier angebotene Kurs „Starke Eltern – starke Kinder“ dient der Stärkung der Erziehungskompetenz und trägt zur Entlastung und zur Lösung von Konflikten bei. Es wird auch ein Kurs zur Unterstützung für Eltern mit behinderten Kindern entwickelt, um ein gemeinsames Netzwerk zu bilden.

Nachlass Fromm
Rüdiger Fromm setzte 1989 den KinderschutzBund München e.V. als Alleinerben ein. Es handelte sich u.a. um ein kleines Schloss sowie um ein Gutshaus mit Nebengebäuden und Ackerflächen. Die Gutsverwaltung in Etterzhausen war weiterhin zuständig für alle wirtschaftlichen Abläufe vor Ort. Das Schloss wurde einige Zeit als Tagungsort für die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter*innen genutzt und später verkauft. Der Erlös aus dem Verkauf wurde für die Einrichtungen in München verwendet. Für die Organisation und Verwaltung des Gesamtnachlasses ist der Vorstand zuständig.

KinderschutzHaus
Für die lange geplante Stationäre Kinderwohngruppe konnte aus Mitteln des Nachlasses Fromm 1991 ein Altbau mit Garten und guter Verkehrsanbindung in Nymphenburg erworben werden. Die Sanierung und der notwendige Umbau wurden aus Rücklagen des Kinderschutzbundes finanziert. Das dem Konzept entsprechende Raum- und Funktionsprogramm wurde hier umgesetzt und bewährt sich bis heute. Im Vorfeld waren jedoch Finanzlücken und weitere Hürden zur Verwirklichung des neuen Projektes zu überwinden. Erst im April 1993 lag nach Umsetzung der Auflagen der Baubehörde die Genehmigung der Regierung von Oberbayern für die erforderlichen Baumaßmaßnahmen vor. Mit der Förderung der Stadt München, der Bayerischen Landesstiftung, des Landes Bayern und umfangreichen Rücklagen des Kinderschutzbundes sowie einem erheblichen Beitrag der Thomas-Gottschalk-Stiftung war die Gesamtfinanzierung der Investitionskosten für die Sanierungs- und Umbauarbeiten endlich gesichert.

In Verhandlungen mit der Stadt München, dem Sozialministerium und der Heimaufsicht bei der Regierung von Oberbayern waren die Grundlagen für den Vertrag zwischen der Stadt München/dem Stadtjugendamt und dem Kinderschutzbund über Einrichtung und Betrieb der Kinderwohngruppe für neun Kinder im Alter von zwei bis zehn Jahren entwickelt und grundsätzlich befürwortet worden. Dieser Vertrag wurde vom Stadtrat 1992 einstimmig beschlossen und regelte alle konzeptionellen, rechtlichen und finanziellen Belange der Inobhutnahme der Kinder im zukünftigen KinderschutzHaus. Damit verbunden waren die Anträge auf Betriebserlaubnis an die Heimaufsicht und der Antrag zur Feststellung des Pflegesatzes an die Pflegesatzkommission beim Bezirk Oberbayern. Das KinderschutzHaus konnte nach abgeschlossener Sanierung im Herbst 1994 mit Hannelore Wolsdorff als Leitung, der Geschäftsführung, dem Vorstand und Thomas Gottschalk als Ehrengast die Eröffnung feiern.

Wenn Gefährdungen wie Kindesmisshandlung, Kindesvernachlässigung und sexuelle Gewalt drohen und der Schutz durch die Eltern nicht ausreichend gewährleistet ist, ist die Aufnahme eines Kindes in das KinderschutzHaus möglich. In der stationären Kriseneinrichtung nach § 42 SGB VIII wird eine vorübergehende Inobhutnahme mit Krisenintervention und Familienarbeit begleitet. Miteinander wird die Rückführung der Kinder in die Familie oder in eine weiterführende Einrichtung geplant. Für die Kinderschutzzentren und den modernen Kinderschutz haben sich folgende Prinzipien der Unterstützung als hilfreich erwiesen: Freiwilligkeit der Inanspruchnahme, Vertraulichkeit und Anonymität.

Kinder- und Jugendtelefon
Die Nummer gegen Kummer e.V. besteht bereits seit 1980 als Dachverband des größten kostenfreien telefonischen Beratungsangebotes für Kinder, Jugendliche und Eltern in Deutschland. Die Deutsche Telekom ist Partner der Nummer gegen Kummer. Flächendeckend wurde ein Netz schnell erreichbarer, anonymer Hilfemöglichkeit aufgebaut. 1997 wurde für das KJT bundesweit die neue gebührenfreie Nummer 0800 1110333 eingeführt, und das Telefon war nun zum Nulltarif erreichbar. Täglich suchen Tausende Mädchen und Jungen Unterstützung in schwierigen Situationen oder einfach jemanden, der ihnen zuhört und ihre Themen ernst nimmt. Die jährliche Telekomstatistik zeigt, dass noch eine große Zahl von Anrufer*innen wegen der ständig besetzten Telefonleitung vergeblich versucht durchzukommen.

Das Kinder- und Jugendtelefon als zuerst zeittaktbefreite Hotline wurde in München 1994 eingerichtet und im November freigeschaltet. Die Finanzierung war bereits aus Eigenmitteln gesichert. Hanna Prausnitz (Geschäftsführerin) und Birgit Ehrmüller (Vorstand) hatten gemeinsam mit Sigrid Feller (Stellvertreterin) den Aufbau der Struktur und die Organisation innerhalb des Ortsverbandes übernommen. Jürgen Wolf, Dipl. Psych., bildete in zwei Arbeitsgruppen ehrenamtliche Telefonberater*innen aus, und im Schloss in Etterzhausen konnte das Abschlusswochenende mit 16 Berater*innen stattfinden. Weiterhin wurden von ihm Fortbildungen, die Supervision und die Begleitung der Weiterentwicklung des Projektes übernommen.

Das Angebot „TOP“ ist eines von bundesweit neun Jugendliche-beraten-Jugendliche-Projekten und wurde 1997 vom KinderschutzBund München gemeinsam mit zwei Diplom-Psychologen in Anlehnung an das Kinder- und Jugendtelefon („Nummer gegen Kummer“) entwickelt. Nach einer sechsmonatigen Ausbildung wurde das Telefon 1998 erstmals von 20 jugendlichen Berater*innen im Alter von 16 bis 21 Jahren besetzt, die immer samstags von 15 bis 19 Uhr unter der gebührenfreien Nummer zu erreichen sind. Das Projekt wurde seit der Gründung mit vielen Förderpreisen ausgezeichnet.

KinderTageszentrum Laim
Im Familienzentrum Laim wurde im Sommer 1991 mit der Planung eines neuen Modells zur Kinderbetreuung begonnen. Das KinderTageszentrum Laim wurde in dieses Modell der Stadt München aufgenommen. Entstehen sollte eine Einrichtung, in der Kinder vom Kleinkind bis zum Schulalter betreut werden, in der Eltern und Fachkräfte partnerschaftlich zusammenarbeiten, deren Angebote sich flexibel auf die Bedürfnisse von Kindern und Eltern einstellen und die im Stadtteil gut eingebunden ist. 1992 wurde ein Haus mit Garten gefunden und der Stadt München zum Kauf vorgeschlagen. Anfang 1993 wurde dieses ehemalige Wohnhaus von der Stadt München für das KinderTageszentrum Laim gekauft. Eine notwendige Umbauplanung zog sich wegen der schwierigen Haushaltslage der Stadt über Jahre hin, und so konnte die Einrichtung endlich 1997 für 30 Plätze eröffnet werden, mit einer Teilzeitgruppe für 15 Kinder von 1 bis 6 Jahren und einer Ganztagsgruppe für 15 Kinder von 1 bis 10 Jahren. Die breite Altersmischung ermöglicht Erfahrungen mit Kindern in unterschiedlichem Alter, so dass die Kleinen von den Großen lernen, und die Großen sich durch die Bewunderung der Kleinen bestätigt fühlen. Neben der Wertschätzung im Alltag und den jahreszeitlichen Festen gliedern Projekte das Zusammensein. Die qualifizierte, altersgemischte Kindertagesbetreuung ist ein wichtiges Angebot für Mütter und Väter aus Laim, da hier viele Kinderbetreuungsplätze, vor allem für Krippen- und Hortkinder fehlen.

KinderschutzZentrum – Projekte
ManIn sprichIt führt seit 1997 geschlechtsspezifische Therapiegruppen für Männer und Heranwachsende durch, die gefährdet sind, Kinder sexuell zu missbrauchen. Männer suchen aus eigener Motivation nach einem Therapieplatz und erhalten fachkundige Beratung. In anderen Fällen ist die Verantwortlichkeit des sozialen Umfeldes oder eine gerichtliche Auflage Anlass für eine Beratung und Therapie. Primäres Ziel der Behandlung ist der nachhaltige Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt. Dies soll erreicht werden, indem an der Fähigkeit zur Selbstkontrolle, an der Verantwortungsübernahme und an der Einfühlung in das Erleben des Kindes gearbeitet wird. Als ergänzendes Angebot wurde 2001 eine die Therapeutische Gruppe für sexuell deviante Jungen von 14 bis 18 Jahren konzipiert, denn etwa 20 % der sexuellen Übergriffe an Kindern werden von Jugendlichen begangen. Aufgrund ihrer Lebensgeschichte, in der sie häufig Haltlosigkeit, Ängste und einen Mangel an liebevollen Beziehungen erlebt haben, sind sie gefährdet und gefährdend zugleich.

„Komm‘, wir finden eine Lösung!“ Seit 1999 engagiert sich das Schulprojekt für ein konstruktives und friedliches Miteinander ohne Mobbing und Gewalt an Grund- und Förderschulen. In mehr als 300 Schulen hat das Training mit Begleitung der Lehrkräfte bereits erfolgreich stattgefunden. Es werden soziale und emotionale Kompetenzen vermittelt, um Streitigkeiten fair und gewaltfrei zu regeln. Selbstbewusstsein und Selbstverantwortung werden gestärkt und Kommunikations- und Gemeinschaftsfähigkeit gefördert.

Das Elterntelefon ist ein bundesweites Angebot von Nummer gegen Kummer e.V. und Mitglied im Deutschen Kinderschutz Bund, das seit 2001 im KinderschutzZentrum integriert ist. Das Elterntelefon ist ein niedrigschwelliges, anonymes und gebührenfreies telefonisches Beratungsangebot. Im Unterschied zu anderen Standorten arbeitet das Münchner Elterntelefon nicht ehrenamtlich, sondern ist mit Fachkräften wie Sozialpädagogen und Psychologen besetzt. Eltern mit schwierigen Fragen hinsichtlich der Erziehung ihrer Kinder werden kompetent unterstützt. Die Beratungsgespräche behandeln unterschiedliche Entwicklungs- und Familienthemen wie beispielsweise Schulprobleme, Verhaltensauffälligkeiten bis hin zu Partnerschaftskonflikten. Ein Thema ist häufig der konfliktreiche Kontakt zwischen Eltern und ihren heranwachsenden Kindern, ein Balanceakt zwischen Begleiten und Loslassen der Jugendlichen. Mütter und Väter rufen an, wenn sie sich um die Entwicklung ihres Kindes sorgen und sich unsicher oder überfordert fühlen. Beratung holen sich Eltern oft auch nach Trennung und Scheidung, wenn Erziehungsfragen schwer gemeinsam zu besprechen sind, weil eine Trennung zwischen Eltern- und Paarebene noch nicht gelingt.

Frühe Hilfen – für psychosozial belastete Familien wurde als neues Projekt im Januar 2009 in die Angebote des KinderschutzZentrums aufgenommen und ist freiwillig, vertraulich und für die Eltern kostenfrei. Zwei Sozialpädagogen mit therapeutischer Zusatzausbildung betreuen die Stadtteile Laim und Schwanthalerhöhe, eine von dreizehn Sozialregionen der Stadt München. Beim Start erfolgte eine vertiefte Einarbeitung in die spezifische Kinderschutzarbeit des Zentrums, bevor die Fachkräfte 2010 in das neue KinderHaus, direkt in der Sozialregion, umziehen konnten. Später wurden vom KinderschutzZentrum weitere Räume für die verschiedenen Projekte angemietet.

Frühe Hilfen sind ein Angebot für Familien mit Kindern in den ersten drei Lebensjahren. Die Familien werden durch die Hausbesuche der Kinderkrankenschwestern des Referats für Umwelt und Gesundheit an die Frühen Hilfen vermittelt. Die Sozialpädagoginnen betreuen die Familien in der Regel zu Hause über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten, der jedoch meist zu kurz ist. Themen wie Schlafprobleme, Schreien in den ersten Monaten, Entwicklungsverzögerungen oder finanzielle Sorgen können Eltern sehr verunsichern. Die Belastungen bringen sie manchmal an den Rand der Erschöpfung. Darunter kann der Kontakt zum Kind leiden, obwohl eine liebevolle Beziehung der sehnlichste Wunsch von den Eltern ist. Eine sichere Bindung ist die beste Grundlage für die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und für die Bewältigung zukünftiger Lebensaufgaben. Für viele Familien ist auch die Isolation ein zentrales Thema, deshalb bedeutet die Vernetzung im Stadtteil und die Anbindung an ein FamilienZentrum oder eine Familienbildungsstätte eine wesentliche Hilfestellung.

KinderHaus Medienfabrik
Das Projektentwicklungsunternehmen Accumulata bot dem KinderschutzBund München an, in dem Gebäudekomplex „Medienfabrik“ ein KinderHaus zu integrieren. Nach der 10-jährigen Erfolgsgeschichte des KinderTageszentrums in Laim wurde eine Einrichtung für ein- bis sechsjährige Kinder geplant, da der Bedarf an Kinderbetreuung unverändert hoch war. Das Haus wurde entsprechend der Vorgaben des Referats für Bildung und Sport gebaut.

Das KinderHaus Medienfabrik wird durch das Referat für Bildung und Sport nach der Münchner Förderformel, den Freistaat Bayern, das Bundesministerium für Familie sowie Elternbeiträge nach der Städtischen Gebührensatzung finanziert. Unternehmen aus der Nachbarschaft können für Kinder ihrer Mitarbeiter*innen arbeitsplatznahe Betreuungskontingente gemäß dem ÖPP-Modell (Öffentlich-Private Partnerschaft) buchen. Durchschnittlich besuchen im Monat 80 Kinder mit 18 unterschiedlichen Herkunftssprachen die Einrichtung, davon sind 40 Kinder unter 3 Jahre alt. Dabei sind Geschwister aus 23 Familien.

Die 1- bis 6-jährigen Kinder werden in vier Gruppen altersgemischt betreut. Zusätzlich bietet die Krippengruppe Platz für 12 Kinder im Alter zwischen 1 und 3 Jahren. Die Altersmischung stellt eines der wichtigsten Prinzipien dar, denn sie hält eine Fülle an Erfahrungs- und Entwicklungsanregungen für die Heranwachsenden bereit. Ein weiterer Schwerpunkt dieses Konzepts ist die alltagsintegrierte Sprachförderung. Ihrer Entwicklung entsprechend werden die Kinder unterstützt und zu neuen Schritten angeregt. Das KinderHausTeam setzt sich aus Erzieher*innen, Kinderpfleger*innen, einer Sprachförderkraft, Köchinnen und Reinigungskräften zusammen. Insgesamt arbeiten hier 22 Voll- und Teilzeitkräfte unterschiedlicher Nationalität. Mit kurz- und längerfristigen Praktika, dem „Freiwilligen Sozialen Jahr“ und dem „Bundesfreiwilligendienst“ bietet das KinderHaus jungen Menschen die Möglichkeit, sich beruflich und persönlich zu orientieren. Diese tatkräftige Unterstützung wird gern und dankend angenommen. Als Kindertagesstätte mit dieser Altersmischung ist dies die erste Bildungseinrichtung. Kinder in diesem Alter zu bilden und zu fördern bedeutet, ihre Welt durch Erleben mit allen Sinnen zu erfahren und zu verstehen. Das alltägliche Miteinander in der Gemeinschaft fördert die Sprachentwicklung, denn bei Schuleintritt sprechen alle Kinder fließend deutsch. Bildung und Förderung beinhalten bei der Arbeit mit den Kindern den Auftrag der Partizipation gemäß dem Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan.

Beim heutigen Fachkräfte- und Krippenplatzmangel ermöglicht der KinderschutzBund München seinen Pädagogischen Mitarbeiter*innen, gleich nach der Elternzeit wieder beruflich einzusteigen. Durchschnittlich 10 Kinder besuchen das KinderHaus, und wenn diese Kinder eingeschult werden, werden die Plätze sofort neu belegt. Dieses Angebot des KinderschutzBundes wird von den bei uns beschäftigten Müttern sehr gern angenommen.

Die Schmetterlinge
Der Gründer von „Les Papillons“ in Frankreich setzt sich seit einigen Jahren dafür ein, Kinder zu stärken und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Schweigen zu brechen, wenn sie belastet sind. Mit dem Kinderschutz Bund München als Träger ist nun 2023 ein deutschsprachiger Ableger der „Schmetterlinge“ entstanden. In Schulen und Vereinen werden Briefkästen mit dem Motto installiert „Schreib‘ auf, was du nicht sagen kannst“. Ein professionelles Team wertet die Nachrichten der Kinder sorgfältig aus und vermittelt diese an zuständige Stellen, die Beratung und Unterstützung anbieten.

50 Jahre später
Die Vereinten Nationen verabschiedeten 1989 die UN-Konvention über die Rechte des Kindes. In Deutschland haben Kinder laut Gesetz zur Ächtung von Gewalt in der Erziehung erst seit dem Jahr 2000 das „Recht auf eine gewaltfreie Erziehung“ (§ 1631 BGB). Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind untersagt. Seit der Gründung sind die zentralen Anliegen des KinderschutzBundes der Schutz vor Gewalt jeder Art, soziale Gerechtigkeit und die Förderung einer kindgerechten Umwelt.

Bundesweit gibt es inzwischen 55 Plätze der Kinderrechte. Damit die Kinderrechte auch in München erlebbar und sichtbar werden, hat der Ortsverband im letzten Jahr bei der Kommune einen Platz der Kinderrechte beantragt. Die Umsetzung ist noch in Bearbeitung. Das wäre ein schönes und sinnvolles Geburtstagsgeschenk für den KinderschutzBund und Münchens Kinder.

Der KinderschutzBund München hat sich zu einem großen Sozialverband mit 560 Mitgliedern entwickelt und ist Träger von 14 Einrichtungen und Projekten. 100 hauptamtliche Mitarbeiter*innen sind in Teil- und Vollzeit beschäftigt sowie etwa 30 Honorarkräfte. Außerdem sind in den Projekten 100 Mitarbeiter*innen im Ehrenamt tätig.

Neben den Geschäfts- und Beratungsräumen in der Kapuzinerstraße sind zwei Häuser und weitere Räume in der Nähe angemietet. Der Jahresetat des Haushaltsvolumens bewegt sich mit Förder- und Eigenmitteln im Millionenbereich. Die stabile Finanzierung aller Angebote des Verbandes ist die Voraussetzung jeder Jahresplanung.

Danke
In dieser herausfordernden Zeit, in der wir um Gelassenheit, Mut und Zuversicht bemüht sind, bedanke ich mich bei allen ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter*innen in der Geschäftsstelle, den Einrichtungen und den Projekten für ihr jahrelanges, zuverlässiges Engagement, stets im Einklang mit den Werten und Zielen des Kinderschutzbundes. Sie stehen belasteten Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern bei und begleiten sie unterstützend mit Hilfeangeboten durch Krisen und Schwierigkeiten.

Anlässlich des Jubiläums ist es mir ein wichtiges Anliegen, die ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder seit der Gründung 1974 zu würdigen, denn sie haben große Verantwortung für den wachsenden Verband übernommen. Außerdem bedanke ich mich besonders bei den engagierten Vorstandsfrauen von 2014 bis 2023, die sich für die Aufgaben und Ziele des Ortsverband eingebracht haben. Hier sei auch allen Mitarbeiter*innen und Mitwirkenden gedankt, die mit beeindruckender Kompetenz in 50 Jahren die Entwicklung und den Erfolg der Projekte und Einrichtungen mitgestaltet haben.

Ein herzliches Dankeschön geht abschließend an unsere Mitglieder und Spender*innen für ihre großzügige und unverzichtbare Unterstützung seit vielen Jahren. Es würde uns sehr freuen, wenn Sie uns auch in Zukunft so treu verbunden bleiben.

Hanna Prausnitz

Hanna Prausnitz

Leitende Mitarbeiterin seit 1978 – Geschäftsführung seit 1991 – Vorsitzende von 2014 bis 2023

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